„Ich bin Klimaschützerin“,

sagt die Wärmepumpe, sagen es seit November 2020 eine Million davon im Chor. Zudem erhöht diese Flotte im Lauf der Reise ihren Beitrag zum Klimaschutz permanent: indem sie als Treibstoff immer grüneren Strom aufnimmt – während die fossile Armada um sie herum mit jedem Jahr noch mehr Grau in den Himmel bläst. Dieser Tage befürworten die meisten Bürger eine Energie- und Wärmewende, erwarten aber weitgehend Kostenneutralität. Doch beginnt diese psychologische Barriere zu bröckeln. Die zunehmende Sorge vor drastischen Umweltveränderungen, die sichtbaren Zeichen wie Überflutungen und Brände sind die Saat des Wachstums nachhaltiger Technologien. Die Vollversorgung mit Elektrizität aus Sonne und Wind, als Eigengewächs oder Import, direkt als Strom oder als Power-to-X dürfte in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Realität werden.

Heizungsindustrie auf neuem Kurs

Auch die Heizungsindustrie befindet sich deshalb in einem Transformationsprozess hin zu erneuerbaren Energien. Dieser Wandel ist kein Selbstzweck, sondern einer globalen Entwicklung des Wärmemarkts geschuldet: Die Internationale Energie-Agentur verzeichnet für Wärmepumpen ein jährliches Marktwachstum von 10 Prozent und rechnet mit über 60 Millionen Geräteverkäufen im Jahr 2030 – gegenüber 2018 mehr als das Dreifache. Aktuell ist die deutsche Heizungsindustrie weltweit führend in der Technologie. Doch wie bei anderen Industriezweigen auch (Automobil, Photovoltaik) gibt es nur zwei Alternativen: den Technologiewandel entweder aktiv mitzugestalten oder mittelfristig gegenüber den internationalen Wettbewerbern zu verlieren. Die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hat diese Zusammenhänge in einer aktuellen industriepolitischen Studie dargestellt. Als Metastudie berücksichtigt sie auch die Erkenntnisse weiterer wichtiger Arbeiten wie der „Klimapfade“-Studie von Boston Consulting für den BDI und der von Agora Energiewende.

„Wir sind Klimaschützerinnen“,

sagen die Wärmepumpen. Aber ihr Chor ist noch lange nicht vielstimmig genug. Die deutsche reicht an die internationale Flotte bei weitem nicht heran: Rund 90 000 Geräte wurden hierzulande 2019 installiert – 2020 werden es aufgrund der attraktiveren Förderbedingungen schätzungsweise etwas über 100 000 sein. Der Markt wächst – aber nicht ausreichend schnell, um die Klimaziele zu erreichen. Die gegenwärtigen CO2-Emissionen aus dem Gebäudesektor, 118 Millionen Tonnen pro Jahr soll schon bis 2030 auf 70 Millionen Tonnen gesenkt werden. Dafür wären nach den Studien von Agora Energiewende und BDI acht Millionen Wärmepumpen notwendig. Gemäß der PwC-Studie hat die Wärmepumpen das Potenzial, den Sanierungsstau im Heizungskeller aufzulösen, den Anteil erneuerbarer Energien im Wärmemarkt zu erhöhen und den Unternehmen und Gewerken rund um die energetische Gebäudesanierung (rund 540 000 Beschäftigte in Deutschland) neuen Schwung zu geben – also zum großen Teil mittelständischen Unternehmen, nicht selten in strukturschwachen Regionen angesiedelt. Eine Ausrichtung auf Wärmepumpen ist eine Voraussetzung dafür, dass die deutsche Heizungsbranche technologisch führend bleibt. Eine solche Ausrichtung ist nach der PwC-Studie vor allem durch einen verordneten Mindestanteil erneuerbarer Wärme für den Gebäudebestand und eine faire Bepreisung der Energieträger erreichbar. Die geplante Absenkung oder Streichung der EEG-Umlage in Kombination mit der Einführung einer CO2-Bepreisung sei der richtige Weg. Aber die Umsetzung müsse konsequent und zeitnah geschehen. Nur so bleibe die umweltschonende Wärmepumpen-Technologie gegenüber konventionellen Heizungssystemen im Bestand für die Gebäudeeigentümer attraktiv.

Kurs: 12 bis 16 Millionen Wärmepumpen in Deutschland bis 2050

Die Branche hat die Segel gesetzt. Für Rückenwind sorgen: Plug-and-play-Geräte als Erleichterung fürs Handwerk und gegen Installationsfehler eine höhere Automatisierung in der Fertigung zur Kostensenkung und eine Steigerung des Wirkungsgrads bestimmter Komponenten.

„Wir sind Klimaschützerinnen“, sagen die Wärmepumpen und mit ihnen 1 000 000 Betreiber. Das ist gut so. Und Klimaschutz im Heizungskeller sollte sich in den kommenden Jahren auch noch stärker im Portemonnaie bemerkbar machen.

Die deutsche Heizungs- und Sanierungsbranche

HEIZUNGSBRANCHE: mittelständische Unternehmen, häufig in Familienhand. Weltweite Anerkennung als technologisch führend in der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik. 60 Prozent Umsatzanteil in Europa.
75 000 Beschäftigte, vorwiegend im ländlichen Raum (zum Beispiel Viessmann in Allendorf, Stiebel Eltron in Holzminden, Vaillant in Remscheid, Bosch Thermotechnik in Wetzlar, Ait-Deutschland und Glen-Dimplex in Kulmbach).

SANIERUNGSBRANCHE: Ca. 540 000 Beschäftigte in Handwerk, Industrie und Großhandel. 90 Prozent lokale Wertschöpfung, besonders in Klein- und mittelständischen Betrieben und im kommunal verankerten Handwerk (DIW 2019)