Nur heizen war gestern
Technisch haben die Hersteller das System Wärmepumpe inzwischen so weit perfektioniert, dass sich auch Altbauten energetisch modernisieren lassen.
Ein aktuelles Gerät arbeitet in einem Bestandsgebäude ungefähr so effizient wie eines von 2010 im Neubau.
Beim Energiepreisverhältnis geht die – hauptsächlich politisch verursachte – Entwicklung seit 2010 genau in die andere Richtung. Wärmepumpenstrom wurde im Vergleich zu Öl oder Gas um fast 50 Prozent teurer, bis zum heutigen Verhältnis von mehr als drei zu eins. Daran ändern auch Förderprogramme und die zaghaft geplante CO2-Bepreisung ab 2021 nicht grundsätzlich etwas.
Das Energiepreisverhältnis nachsteuern
Was die Politik verursacht hat, kann und soll sie in diesem Fall auch selbst beheben. Darin sind sich Wärmepumpenbranche und Erneuerbaren Verbände einig. So forderte die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, im Oktober 2020 unter anderem, die Kosten für die Befreiung der energieintensiven Industrie von der EEG-Umlage zukünftig aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Der BEE will außerdem die Stromsteuer auf das Minimum nach EU-Recht senken, also auf 0,1 ct/kWh für Privatverbraucher. Beides zusammen macht laut Peter 3,5 Cent/kWh aus.
Der BWP macht sich darüber hinaus für eine komplette Bundesfinanzierung der EEG-Umlage stark – was noch viel mehr Schub brächte. Der Mittelbedarf dafür könnte ab etwa 2025 aus dem nationalen Emissionshandel gedeckt werden.
Die Kopplung wird netztauglich
Auf Ebene der Gerätetechnik und auf politischstaatlicher Ebene ist eine starke Sektorkopplung Strom – Gebäude also erreichbar. Aber verträgt sie sich auch mit den Stromnetzen? Ja, sagt Martin Pehnt vom Ifeu-Institut in Heidelberg, der unter anderem für den BEE gutachtet. Er erinnert daran, dass Strom- und Gebäudesektor schon seit langem gekoppelt sind, nämlich durch die – freilich ineffizienten – Nachtspeicherheizungen. Mit deren allmählichem Rückbau könne „für jede Nachtspeicherheizung der Faktor drei an Wärmepumpen eingesetzt werden“, ohne dass der Strombedarf steigt. Außerdem verfügten die Anlagen in der Regel über einen Wärmespeicher, und auch die Gebäudehülle selbst sei ein Speicher.
Vierte Funktionsstufe und Geschäftsmodell
Umfang und Zeitverlauf der Stromnachfrage stehen einer (weiteren) Sektorkopplung somit nicht im Wege. Auch längerfristig nicht: In dem Maße nämlich, wie das Betriebsprogramm von Wärmepumpen großräumig und intelligent gesteuert wird, können diese sogar mehr und mehr kurzfristige Netzschwankungen abpuffern. Gut zehn Prozent der Geräte sind schon heute mit dem Internet verbunden, und fast alle sind technisch darauf vorbereitet. Nicht wenige Fachleute sehen darin sogar eine vierte Funktionsstufe: vom Heizen und Kühlen über die CO2-Einsparung zur Netzstabilisierung. Wenn eine kritische Masse von Wärmepumpen erreicht ist, dürften irgendwann variable Stromtarife diese Netzstabilisierung auch zum Geschäftsmodell werden lassen.
Strom aus Wind und Sonne kann Häuser heizen und auch kühlen – zum Beispiel mit einer Wärmepumpe. Durch eine solche Kopplung von Strom- und Gebäudesektor lassen sich klimaschädliches Heizöl und Erdgas ablösen und das Netz stabilisieren.
Entwicklung des Energiepreises je kWh nach Energieträgern
"Die Wärmepumpe steht im Zentrum der Sektorkopplung und bietet damit großes Potenzial für den Ausbau der Digitalisierung. Energietransparenz und Home Energy-Management sind nur zwei Beispiele, aber auch Wartungen können vom Fachhandwerker so nach Bedarf optimal geplant und durchgeführt werden."
Dr. Barbara Priesching, Vaillant GmbH,
Group Director Business Unit
Heat Pump