November 2047 - die neue arbeitet schon

Jovanka Mondziel weiß jetzt, dass im Technikraum die neue Wärmepumpe arbeitet – schon seit fast einer Woche. Die Hausverwaltung hat es über den Bildschirm im Treppenhaus bekanntgegeben. Sonst hätte es keiner der Nachbarn so richtig bemerkt.

Na gut, da war dieser große Lieferwagen auf dem Hof gewesen und die beiden Wärmepumpen- Mechatroniker. Hatte die alte Frau Wossler aus dem zweiten Stock erzählt. Aber doch kaum eine Stunde, dann waren sie wieder verschwunden. Früher hätte das gerade mal fürs Aufmaß gereicht. Als das Vorgängermodell eingebaut wurde, so Anfang der 2020er Jahre, hatte es noch zwei Tage gedauert – ok, einschließlich Ausbau des Gaskessels. Dreimal waren die Techniker wiedergekommen, bis endlich das heiße Wasser wieder mit 50 Grad aus dem Hahn kam.

„Wärmepumpe geht im Altbau sowieso nicht“

Und überhaupt – um ein Haar wäre damals einfach bloß ein neuer Gaskessel eingebaut worden. Da war der CO2-Preis noch bei 50 Euro pro Tonne, und Gazprom konnte dank Nord Stream 2 Erdgas noch billiger anbieten als die Jahre davor. Der Hausverwalter, der kurz vor der Rente stand, wollte sich nicht mehr mit Förderprogrammen herumschlagen. Er hatte in der Eigentümerversammlung gesagt: „Wärmepumpe geht im Altbau sowieso nicht.“

Aber dann – das meiste wusste Jovanka von ihrer Mutter, die seinerzeit bei Fridays for Future aktiv war – hatten die beiden Pärchen aus dem Dachgeschoss gesagt, im August sei ohne Klimatisierung die Hitze jetzt schon kaum zu ertragen. Und dass das mit dem Klimawandel bestimmt nicht besser werde. Und dass sie von Kollegen gehört hätten, mit einer Wärmepumpe könne man im Sommer praktisch ohne Strom kühlen. Da lud der Hausverwalter die Frau vom Planungsbüro ein. Die hatte einen Vertriebler des Wärmepumpen-Konsortiums, wie sich die spätere Wärmepumpen AG zu der Zeit noch nannte, im Schlepptau, und nach zwei Stunden war klar, dass eine Wärmepumpe mit passiver Kühlung her musste.

Das neue Modell finanziert einen Horizontalaufzug

Im Gebäude daneben, auch ein Jugendstilbau, waren in den 2020ern und noch mehr in den 30ern die Nebenkosten jedes Jahr gestiegen, hatte Frau Wossler erzählt. Tja, Erdgas eben. In Jovankas Haus nicht. Als 2042 – auch schon wieder fast sechs Jahre her! – der neue Wärmepumpen-AG-Vertriebler in der Versammlung gesagt hatte, ein Wärmepumpenmodell mit neuer Technik sei so effizient, dass man mit der CO2-Gutschrift die Betriebskosten eines Horizontalaufzugs finanzieren könne, hatte es nur eine Gegenstimme gegen den Austausch gegeben.

Dann kam aber diese neue Corona-Variante Covid- 42 dazwischen, ein Kurzschluss in der Redox- Flow-Batterie im Keller, der fast alle Ladesäulen in der Tiefgarage beschädigte ... jedenfalls war fünf Jahre lang immer irgendetwas dringender. Aber seit knapp einer Woche ist also wirklich das neue Modell in Betrieb. Jetzt, als sie darüber nachdenkt, erinnert sich Jovanka, dass es am Samstagabend, dem ersten mit dem neuen Gerät, in der Küche doch ein bisschen kühler gewesen war als sonst, und am Sonntagmorgen dann eine Idee wärmer. Was sie dem Wohnungsquantenrechner über die Sprachsteuerung auch prompt gesagt hatte.

Nachmittags einen Tick kühler

Seit Montag aber ist es genau so, wie sie es mag. Morgens schön warm, nachmittags im Arbeitszimmer einen Tick kühler, und so weiter. Die 230 Sensoren in der Wohnung verstehen sich auf Anhieb mit den Reglern im Technikraum – und die Neue dort scheint schnell zu lernen. Wurde auch Zeit; inzwischen hat ja schon die Herdsteuerung künstliche Intelligenz, dachte Jovanka so bei sich, stieg in den Aufzug und sagte ”zur Bäckerei Zeynep“.