Wärmepumpen auch im Bestand: „… und dann macht das System wirklich Spass“

BWP: Herr Miara, die Wärmepumpe ist mittlerweile das Flaggschiff bei Heizungssystemen im Neubau. Bei der Modernisierung des Bestands trauen der Technik viele eine solche Führungsrolle nicht zu. Sie aber tun das – nach Ihrer neuesten „Feldtest“- Messreihe noch mehr als bisher. Könnte es in fünf oder zehn Jahren ganz normal sein, auch im Bestand Wärmepumpen einzusetzen?

Marek Miara: Auf jeden Fall. Wir haben sozusagen die ganze Bandbreite von Gebäuden untersucht – von „überhaupt nicht saniert“ bis „gut saniert“, und Teilsanierung ist natürlich auch dabei. Wenn man an einem Gebäude etwas macht, um den Heizenergiebedarf zu senken, dann ist die Wärmepumpe fast immer eine gute Lösung.

Es gibt also auch Ausnahmen?

Es gibt immer irgendwelche spezifischen Fälle, aber die sind absolut in der Minderheit. Ich würde sagen: Fast uneingeschränkt ja – Wärmepumpen sind zur Modernisierung geeignet.

Wer modernisiert, will dadurch auch den Wert seines Gebäudes erhalten. Bei den Rahmenbedingungen für die Wärmepumpe ist da in Deutschland aber noch viel Luft nach oben.

Von allen europäischen Ländern haben wir das schlechteste Verhältnis zwischen Erdgasund Strompreis. Sobald sich das ändert – egal, in welche Richtung: Strom günstiger oder Gas teurer –, dann wird es automatisch für die Wärmepumpe besser. Und zwar auch für die, die schon jetzt installiert sind. Das heißt, ich muss als Eigentümer nichts mehr tun. Ich brauche nur zu warten, und meine Situation wird sich verbessern. Das gilt übrigens auch für die CO2-Emissionen: Die Wärmepumpe wird sozusagen jedes Jahr besser, weil der Strom jedes Jahr besser wird.

Ich muss als Eigentümer nichts mehr tun, aber ich kann...

Beim eigenen Haus hat man angesichts der Elektrifizierung, die jetzt bevorsteht, jedenfalls schon einen Schrit t in die richtige Richtung getan. Man kann das natürlich auch ergänzen: Photovoltaik, oder später auch eine Batterie oder ein Elektroauto. Und dann macht das System wirklich Spaß!

Man kann sich auch vorstellen, dass man die Wärmepumpe nicht aus dem Netz, sondern aus der Batterie des Elektroautos betreibt. Und man kann neue Stromtarife nutzen und enorm zur Flexibilisierung der Stromnetze beitragen – und so weiter.

Photovoltaik? Manche sagen: Die liefert Strom im Sommer, aber die Wärmepumpe braucht ihn im Winter.

Aus der Sicht des Betreibers: Wenn man den Eigenverbrauchsanteil von Photovoltaik steigern will, kann man das nur in gewissem Maße machen. Ich sehe das selbst bei mir zuhause – ich habe auch Photovoltaik und Wärmepumpe. Da kann ich im Sommer Warmwasserbereitung machen.

Die neuen Häuser, die deutlich weniger Heizenergie brauchen, haben auch einen deutlich höheren Anteil des Energiebedarfs für Warmwasser. Wenn das früher nur zehn bis 15 Prozent waren, dann sind es, wenn sie Richtung Passivhaus gehen.

Sogar 50 Prozent. Aber auch wenn wir bei 30 Prozent bleiben, sind diese fast vollständig durch Photovoltaik abzudecken. Und man kann die Heizenergie abdecken, die nicht nur im Kernwinter, sondern auch in Frühjahr und Herbst nötig ist.

Aus der Sicht der Energienetze gibt es noch ganz andere Möglichkeiten der Flexibilisierung. Welche Wärmepumpen lasse ich laufen, welche nicht; ich kann das abwechselnd machen.

Es gibt gute Studien, die zeigen, dass in letzter Zeit kalte Dunkelflauten nicht vorgekommen sind. Aber wenn in Zukunft doch eine vorkommt und die Flexibilisierung nicht ausreicht, lohnt es sich trotzdem eher, ein paar Gas- Spitzenlast-Kraftwerke zu haben als eine andere Lösung. Und die braucht man nicht nur für die Wärmepumpen, sondern auch für die Elektroautos.

Eine Flexibilisierung setzt allerdings differenzierte Stromtarife voraus, damit das für die Betreiber überhaupt interessant ist.

Von der technischen Seite her ist das alles vorbereitet, aber vom Markt wird es nicht abgerufen – auch, weil wir noch zu wenige Wärmepumpen im Energiesystem haben. Sobald es ausreichend viele sind und parallel ein Regelenergiemarkt durch Elektroautos entstanden ist, dürfte das Energieversorger oder andere Dienstleister dazu bringen, solche Tarife anzubieten.